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Artischockenblätter - Cynarae folium [Ph. Eur. 7.0 (01/2011: 1866)]

Stammpflanze: Cynara cardunculus L / Artischocke [Fam. Asteraceae / Korbblütengewächse]. Synonyme: Cynara cardunculus ssp. flavescens WIKL, Cynara cardunculus L. var. sativa MORIS. Dt. Synonyme: Grüne Artischocke, Französische Artischocke, Kugelartischocke. Englisch: Artichoke, Artichoke globe, Bur artichoke, Garden artichoke.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Ausdauerndes Kraut mit kurzem Wurzelstock, bis 2 m hohen Stengel, bis 80 x 40 cm großen, ein- bis zweifach fiederschnittigen, grundständigen Blättern und 8 bis 15 cm breiten Köpfen mit blauvioletten Röhrenblüten. Die im unteren Teil fleischigen Hüllblätter sind mit einer Breite bis 40 mm und einer Länge bis 35 mm lang auffallend groß.

Verbreitung: Als Wildpflanze unbekannt, angebaut in mehreren Kulturformen in Süd- (Italien, Spanien), West- und Mitteleuropa sowie den USA (Florida).

Droge: Die getrockneten, ganzen oder geschnittenen Blätter, die bezogen auf die getrocknete Droge einen Mindestgehalt an Chlorogensäure von 0,8 Prozent aufweisen.

Beschreibung der Droge: Die Länge der fiederspaltig geteilten Blätter beträgt bis 50 cm. Die Fiederabschnitte sind gezähnt und nicht mit Dornen versehen (Unterschied zu der im Mittelmeergebiet heimischen Wildform Cynara cardunculus L.). Die Oberseite der Blätter ist kahl, die durch die deutlich hervortretende Nervatur tief gefurchte Unterseite durch ineinander verschlungene Haare weißlich.

Geruch und Geschmack: Schwach beißender Geruch und zunächst leicht salziger, dann sehr bitterer Geschmack.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Keine gebräuchlich. Englisch: Artichoke leaves. Lateinisch: Folia Cynarae.

Herkunft: Kulturen besonders der Balkenländer, Spaniens, Portugals, Italiens, Frankreichs und Marokkos.

Inhaltsstoffe: Bis 4 % (teilweise bis 6 % angegeben) Coffeoylchinasäuren (insbesondere Chlorogensäure und 1,5-O-Dicaffeoylchinasäure, jedoch wenig Cynarin), 0,5 - 5 % Sesquiterpenlactone (besonders Cynaropikrin); verantwortlich für bitteren Geschmack) und ca. 0,5 % Flavonoide.

Wirkungen und Wirkungsmechanismus: Blutlipidspiegel senkende Wirkung - Obwohl Wirkungsmechanismus und wirksame Komponenten noch nicht vollständig geklärt sind, gilt die Hemmung der Cholesterolbiosynthese sowie choloretische Wirkung (s. unten) als Ursache der Blutlipidspiegel senkenden Wirkung als gesichert. Wahrscheinlich ist eine Beteiligung insbesondere der Coffeoylchinasäuren und der Flavonoide (Hinweis: In Präparaten einiger Hersteller von Artischockenpräparaten wurde ausschließlich auf den Gehalt an Coffeoylchinasäuren standardisiert, wogegen in diesen Extrakten Flavonoide zum Teil nur in Spuren anwesend sind!), wobei nach neueren Ergebnissen den Flavonoiden die entscheidende Rolle zukommt.
Choleretische Wirkung - Steigerung der Galleproduktion um 20 bis 40 % und Steigerung der Sekretion von Gallenflüssigkeit (Cholerese). Die Wirkung wird den Cofeoylchinasäuren, insbesondere der Chlorogensäure und ihren Isomeren zugeschrieben.
Bitterstoffwirkung der Sesquiterpenlactone, antioxidative Wirkung der Polyphenole.

Anwendungsgebiete: Entsprechend der Empfehlung der Kommission E bei dyspeptischen Beschwerden, aufgrund der neueren Erkenntnisse zur lipidsenkenden Wirkung auch bei Fettstoffwechselstörungen und zur Arterioskleroseprophylaxe.

Gegenanzeigen: Bekannte Allergie gegen Artischocke und andere Korbblütengewächse. Verschluss der Gallenwege und Gallensteine.

Unerwünschte Wirkungen: Allergische Hautreaktionen können nicht ausgeschlossen werden.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Infolge der unterschiedlichen Wirkstoffe ist die Einnahme von Fertigpräparaten, in denen die Anwesenheit sowohl der Flavonoide als auch der Coffeoylchinasäuren standardisiert ist, vorzuziehen. Tagesdosis einer Drogenmenge von 6 g entsprechend.

Sonstige Verwendung: Hüllblätter und Blütenböden der kurz vor dem Aufblühen stehenden Pflanzen als Gemüse. In Italien und Spanien Verarbeitung bitterer Auszüge zu Likörweinen.


Bilder:

Cynara scolymus L. (Artischocke): Blühende Pflanze (Blätter und Infloreszenz)

Literatur: Bundesgesundheitsbl. - Gesundheitsforsch. - Gesundheitsschutz 9 (2003): 829; Deutsche Apotheker Zeitung 139 (1999): 1839; Europäisches Arzneibuch, 5. Ausgabe, Grundwerk 2005; Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis, Band 4, Drogen A-D, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg-New York 1993; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 122 vom 06.07.1988 (Berichtigung 01.09.1990); Pharm. Ztg. 144 (1999): 685; Springer D, Hochdosierter Artischockenextrakt steigert Cholerese und senkt Blutfette, Naturheilpraxis 2003, Heft 12, S. 1748; Valentao P, Fernandes E, Carvalho F, Andrade PB, Seabra RM, Bastos ML, Antioxidative Properties of Cardoon (Cynara cardunculus L.) Infusion Against Superoxide Radical, Hydroxyl Radical, and Hypochlorous Acid, J. Agric. Food Chem. 50 (2002): 4989-4993; van Rensen I, Witterner, Cynara cardunculus subsp. flavescens (bisher Cynara scolymus) - die Artischocke. Bioverfügbarkeit und Pharmakokinetik der Inhaltsstoffe, Zeitschr. für Phytotherapie 24 (2003): 267-276.


© Thomas Schöpke