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Eichenrinde - Quercus cortex [Ph. Eur. 5. Ausgabe, Grundwerk 2005]

Stammpflanzen: Quercus robur L. / Stiel-Eiche, Quercus petraea (MATT.) LIEBL. / Trauben-Eiche oder Quercus pubescens WILLD. / Flaum-Eiche [Fam. Fagaceae / Buchengewächse]. Synonyme: Quercus robur: Quercus femina MILL., Quercus fructipendula SCHRANK, Quercus germanica LASCH, Quercus malacophylla SCHUR., Quercus pedunculata EHRH., Quercus robur f. atropurpurea (HARTWIG & RÜMPLER) C. K. SCHNEID., Quercus robur f. fastigiata (LAM.) O. SCHWARZ, Quercus robur f. pectinata (G. KIRCHN.) C. K. SCHNEID., Quercus robur f. pendula (LOUDON) O. SCHWARZ. Quercus petraea: Quercus sessiliflora SALISB. sowie Quercus robur var. petraea MATT. (Basionym). Weitere, weniger bedeutungsvolle Synonyme sind Quercus intercedens BECK. und Quercus petraea MATTUSCHKA und Quercus sessilis EHRH. Quercus pubescensQuercus humilis MILL., Quercus lanuginosa (LAM.) THUILL. Dt. Synonyme: Gattung Quercus: Eckerbaum, Eichelbaum, Eichenbaum, Ekkel, Ekker. Quercus robur: Frauen-Eiche, Früh-Eiche, Haareiche, Haseleiche, Kohleiche, Kolleiche, Loheiche, Masteiche, Rotheiche, Sommereiche, Stein-Eiche, Stingel-Aich, Tanneiche, Viereiche, Waldeiche, Wecheleiche, Weißeiche. Quercus petraea: Bergeiche, Echemännchen, Eiseiche, Grüneiche, Hageiche, Klebeiche, Knoppereiche, Loheiche, Schwarzeiche, Späteiche, Spatheiche, Steineiche, Traubeineiche, Treufeiche, Viereiche, Weißeiche, Wintereiche, Winterschlageiche, Wintertraubeneiche. Quercus pubescens: Französische Eiche, Haareiche, Schwarzeiche, Wollbecherl. Englisch: Quercus robur: Common oak, English oak, European oak. pedunculate oak. Quercus petraea: durmast oak, sessile oak. Quercus pubescens: downy oak.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Die zur Drogengewinnung herangezogenen Arten der Gattung Quercus sind stattliche Bäume mit wechselständig angeordneten, gelappten Blättern. Die kleinen, eingeschlechtlichen Blüten besitzen eine aus 6 Perigonblättern bestehende unscheinbare Blütenhülle. Die männlichen Blüten sind in hängenden Kätzchen angeordnet, die weiblichen Blüten stehen einzeln oder in Gruppen zu 2 bis 5 in den Achseln abfallender Niederblätter. Aus dem unterständigen Fruchtknoten entwickelt sich eine Nussfrucht (= Eichel), die am Grund in charakteristischer Weise vom Fruchtbecher umschlossen wird. Quercus robur kann bis 40 m hoch werden. Typisches und namensgebendes Merkmal sind die lang gestielten Früchte (3-8 cm). Die Blattzipfel sind abgerundet, die jungen Äste und Blütenknospen kahl. Die Blätter sind kurz (2-8 mm) gestielt, der Grund der Blattspreite ist herzförmig und oft umgebogen, die Blattunterseite kahl. Der Stamm der Stiel-Eiche verzweigt sich gewöhnlich bereits am Beginn der Krone. Quercus petraea wird bis etwa 35 m hoch. Im Gegensatz zur zuvor beschriebenen Art ist der Stiel der Früchte maximal 1 cm lang. Die Blattzipfel sind abgerundet, die jungen Äste und Blütenknospen kahl. Die Blätter sind 1-3 cm lang gestielt, der Grund der Blattspreite ist keilförmig bis gestutzt und flach. Auf der Blattunterseite befinden sich mit der Lupe erkennbare Sternhaare. Der Stamm der Trauben-Eiche ist gewöhnlich bis zum Wipfel durchgehend. Die nur 3 bis 20 m hohe Quercus pubescens besitzt ebenfalls abgerundete Blattzipfel. Typisches Merkmal sind die durch Sternhaare filzigen jungen Äste, Blattknospen und Blattstiele und die auf der Unterseite weichhaarigen Blätter.

Verbreitung: Quercus robur: Heimisch in ganz Europa, der Türkei und im Kaukasus. Infolge Kultivierung heute auch in zahlreichen weiteren Regionen der Erde mit gemäßigtem Klima verbreitet. In Mitteleuropa natürlich anzutreffen in trockenen bis frischen Laubmischwäldern von der Ebene bis ins Gebirge. Erträgt auch stauende Nässe, so dass die Art auch in Auenwäldern vorkommt. Quercus petraea: Ebenfalls heimisch in ganz Europa, der Türkei und im Kaukasus sowie ferner im Nord-Iran. In Mitteleuropa natürlich anzutreffen in trockenen bis frischen Laubmischwäldern von der Ebene bis in niedere Gebirgslagen, jedoch keine stauende Nässe ertragend. Im Alpenvorland, Nordwest-Niedersachsen und Nordost-Schleswig-Holstein selten, in den Alpen fehlend, ansonsten in Deutschland weit verbreitet. Quercus pubescens: Heimisch in Europa in den Ländern nördlich des Mittelmeeres und rund um das Schwarze Meer. Nach Norden bis nach Belgien, Deutschland, die Tschechoslowakei und Ungarn vordringend, im Osten bis nach Aserbaidschan. In Mitteleuropa sehr selten anzutreffen auf kalkhaltigen Böden in trockenen Eichen-Busch-Wäldern und in Gebüschen.

Droge: Die geschnittene und getrocknete Rinde frischer, junger Zweige von Quercus robur L., Quercus petraea (MATT.) LIEBL. (Trauben-Eiche) oder Quercus pubescens WILLD., die bezogen auf die getrocknete Droge einen Mindestgehalt an Gerbstoffen von 3,0 Prozent aufweisen, berechnet als Pyrogallol.

Beschreibung der Droge: Bis höchstens 3 mm dicke, rinnen- oder röhrenförmige Rindenstücke. Die Außenseite ist hellgrau oder grünlichgrau, fast glatt und gelegentlich mit Lentizellen versehen. Die mattbraune oder rötlichbraune Innenseite ist durch schwach hervortretende, etwa 0,5-1 mm breite Längsleisten charakterisiert. Der Bruch ist splittrig und grobfaserig.

Geruch und Geschmack: Im trockenen Zustand nur sehr schwacher Geruch, nach dem Befeuchten kräftig loheartig. Geschmack leicht bitter und kräftig adstringierend.

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Eichenlohe. Englisch: Oak bark, red oak bark. Lateinisch: Cortex Quercus; Quercus e cortice.

Herkunft: Die Droge wird aus Ost- und Südosteuropa importiert, wo sie aus Wildbeständen gesammelt wird.

Gewinnung der Droge: Verwendet wird ausschließlich die Rinde junger Zweige, da mit dem Einsetzen der Borkenbildung die Gerbstoffe oxidativ in die nicht mehr gerbend wirkenden Phlobaphene umgewandelt werden. Zur Drogengewinnung werden etwa 10 Jahre alte Bäume abgeholzt. Aus den Wurzeln sprießen Stöcke, deren bis 4 mm dicke, borkenfreie, glatte und nicht rissige Glanz- oder Spiegelrinde in den Monaten März und April vor dem Austreiben der Blätter geerntet und anschließend schnell getrocknet wird.

Inhaltsstoffe: Gerbstoffe: Gehalt bis 16 Prozent. Zusammensetzung sehr heterogen und zudem variabel je nach drogenliefernder Art mit Ellagitanninen, komplexen Gerbstoffen (Flavanoellagitannine und Procyanidinoellagitannin) und kondensierten Gerbstoffen. Wichtige Bestandteile sind die Ellagitannine Castalagin, 2,3-(S)-Hexahydroxydiphenoylglucose und Pedunculagin, die Procyanidine Procyanidin B-3 und 100 mg Prodelphinidin B-3 und das Flavanoellagitannin Acutissimin A. Weitere Bestandteile: Das Cyclitol Quercitol, die Triterpene Friedelin und Friedelinol sowie β-Sitosterol.

Wirkungen: Adstringierend und virustatisch. Resultierend aus den Anwendungsgebieten werden der Droge ferner leicht antiphlogistische, sekretionshemmende, gewebeverdichtende, die Kapillarpermeabilität hemmende, juckreizlindernde und mild oberflächenanästhesierende Wirkungen zugesprochen.

Anwendungsgebiete: Innerlich bei unspezifischen, akuten Durchfallerkrankungen, äußerlich bei entzündlichen Hauterkrankungen wie z. B. wie z. B. nässendem Ekzem, Intertrigo, Juckreiz (auch bei Neurodermitis), Fußschweiß, Wundbehandlung und Wundnachbehandlung, Trockenlegung von infizierten oder infektionsgefährdeten Hautprozessen und zur lokalen Behandlung leichter Entzündungen im Mund- und Rachenbereich sowie im Genital- und Analbereich.

Volkstümliche Anwendungsgebiete: Innerlich bei chronischen Schleimhautentzündungen des Verdauungstraktes, nicht menstruellen Blutungen aus der Gebärmutter, blutigem Stuhlgang und Bluthusten. Wirksamkeitsnachweise sind nicht vorhanden.

Gegenanzeigen: Innere Anwendung: Keine bekannt. Äußere Anwendung: Großflächige Hautschäden. Die Anwendung als Vollbad darf nicht erfolgen bei nässenden, großflächigen Ekzemen und Hautverletzungen, fieberhaften und infektiösen Erkrankungen, Herzinsuffizienz Stadium III und IV (NYHA = New York Heart Association) und bei Bluthochdruck im Stadium V entsprechend WHO-Klassifizierung.

Unerwünschte Wirkungen: Keine bekannt.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Bei innerlicher Anwendung kann die Resorption von gleichzeitig eingenommenen Arzneimitteln beeinträchtigt werden, so dass deren Wirksamkeit eingeschränkt ist. Insbesondere gilt dies für Alkaloide und andere basische Arzneistoffe.

Dosierung und Art der Anwendung: Zur innerlichen Anwendung 1 g (ein knapper halber Teelöffel) der fein zerschnittenen oder grob gepulverten Droge mit kaltem Wasser ansetzen, kurz aufkochen und nach ca. 5 Minuten durch ein Teesieb geben. Dreimal täglich 30 Minuten vor den Mahlzeiten warm trinken. Sollten die Durchfälle länger als 3-4 Tage andauern, ist unbedingt ein Arzt aufzusuchen. Zur Herstellung von Umschlägen und Spülungen 20 g Droge mit 1 l Wasser aufkochen, 5 bis 10 Minuten ziehen lassen und anschließend durch ein Tuch geben. Umschläge mehrmals täglich wechseln bzw. betroffene Hautpartien mehrmals täglich betupfen. Zur Bereitung von Sitzbädern 50 g zerkleinerte Droge mit 500 ml Wasser ansetzen, aufkochen und nach 15 bis 20 Minuten durch ein Tuch geben. Abkochung in eine Wanne geben und mit einer adäquaten Menge warmen Wasser auffüllen. Ein- bis zweimal täglich 15 bis 20 Minuten anwenden. Zur Bereitung von Bädern etwa 5 g Droge mit 1 l kaltem Wasser ansetzen, 10 bis 15 Minuten bei schwacher Hitze aufkochen und anschließend, durch ein Tuch geben und dem Badewasser zugeben. Als Fußbad mindestens viermal wöchentlich bzw. einmal täglich, als Voll- oder Teilbad bei Neurodermitis zu Beginn einmal wöchentlich und später zwei- bis dreimal wöchentlich 20 Minuten anwenden. Äußerlich nicht länger als 2–3 Wochen anwenden.


Bilder:
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Die in Mitteleuropa weit verbreiteten Eichen sind stattliche Bäume, die charakteristisch gelappte Blätter aufweisen. Die einhäusigen Pflanzen besitzen unscheinbare Blüten mit 6 Perigonblättern (s. Abbildung links), die entweder in hängenden Kätzchen (männliche Blüten; s. Abbildung rechts oben) oder in wenigblütigen, aufrechten Blütenständen (weibliche Blüten; s. Abbildung rechts unten) angeordnet sind. Die Stiele der Blätter sind bei der Stiel-Eiche nur sehr kurz (bis 8 mm), bei der Trauben-Eiche dagegen 1 bis 3 cm lang. Der deutsche Name der Art bezieht sich auf die Fruchtstiele, die bei der Stiel-Eiche mit einer Länge von 3 bis 8 cm tatsächlich deutlich länger sind als bei der Trauben-Eiche.


Literatur: Europäisches Arzneibuch, 4. Ausgabe, Grundwerk 2002 und 5. Ausgabe, Grundwerk 2005; Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Jäger EJ, Werner KW, Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland, Band 4, Gefäßpflanzen: Kritischer Band, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin 2002; Hänsel R, Sticher O, Steinegger E, Pharmakognosie - Phytopharmazie, Springer Verlag, Berlin Heidelberg 1999; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 22a vom 01.02.1990; Schilcher H, Kammerer S, Leitfaden Phytotherapie, Urban & Fischer, München Jena 2003; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; Wichtl M (Hrsg.), Teedrogen und Phytopharmaka, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2002.


© Thomas Schöpke