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Purpursonnenhutkraut - Echinaceae purpureae herba
Ph. Eur. 7.0 (01/2008:1823) letzte Änderung 6.0

Stammpflanze: Echinacea purpurea (L.) MOENCH / Purpur-Sonnenhut [Fam. Asteraceae / Korbblütengewächse]. Synonyme: Brauneria purpurea (L.) BRITTON, Rudbeckia purpurea L. [Basionym]. Weitere, weniger verbreitete Synonyme sind Echinacea intermedia LINDLEY, Echinacea speciosa PAXTON, Rudbeckia hispida HOFFMGG. und Rudbeckia serotina SWEET. Dt. Synonyme: Gattungssynonyme sind Igelblume, Igelkopf und Stachelkopf, synonyme Artbezeichnungen Kupferblume, Purpurfarbene Kegelblume, Purpurfarbener Igelkopf, Purpurfarbener Sonnenhut, Roter Sonnenhut, Rote Sonnenblume. Englisch: Purple coneflower. Weitere Bezeichnungen sind comb flower, eastern purple-coneflower, hedgehog, niggerhead, purple coneflower, red sunflower.

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Ausdauernde, 60 bis über 1 m hohe Pflanze. Der Stengel ist aufrecht, verzweigt und schwach rauhaarig oder kahl. Die grundständigen Blätter besitzen einen bis 25 cm langen Stiel und eine bis 20 cm lange und 15 cm breite, am Blattstiel herablaufende, eiförmige bis eiförmig-lanzettliche oder herzförmige, zugespitzte Spreite mit grob oder scharf gesägtem Rand. Die Stengelblätter sind grob gesägt bis ganzrandig, die unteren gestielt und bis 20 cm lang und 8 cm breit, die oberen sitzend und zunehmend kleiner. Blütenköpfe 5 bis 10 cm breit, einzeln auf einem relativ kurzen Stiel stehend. Außen finden sich die lineal-lanzettlichen, ganzrandigen, an der Außenseite behaarten und am Rand gewimperten Hüllblätter, die innen in die 9 bis 13 mm langen, begrannten Spreublätter übergehen. Zungenblüten purpurn, mehrere Zentimeter lang, meist recht deutlich zur Seite abstehend, gelegentlich auch etwas herabhängend, Röhrenblüten bräunlich/dunkelrot-violetten und 4,5 bis 5,5 mm lang. Die Früchte sind 4 bis 4,5 mm lang, mit einem als niedrige Krone mit gleichförmigen Zähnen erhaltenen Pappus.

Verbreitung: Mittlerer Westen der USA, genauer im nordamerikanischen zentralen Tiefland von Ohio und Indiana über Illinois, Missouri, Arkansas bis nach Georgia, Luisiana und Texas. Östliche Grenze des natürlichen Verbreitungsgebiets ist das Appalachenplateau. In Mitteleuropa gelegentlich als Zierpflanze kultiviert.

Droge: Die getrockneten, zur Blütezeit geernteten oberirdischen Pflanzenteile von Echinacea purpurea (L.) MOENCH, die bezogen auf die getrocknete Droge einen Mindestgehalt an Caftarsäure und Cichoriensäure (Summe beider Verbindungen) aufweisen.

Beschreibung der Droge: Die Grundblätter sind eiförmig bis eiförmig-lanzettlich und zugespitzt. Sie bestehen aus einem bis zu 25 cm langen, schwach geflügelten Stiel und einer 10 bis 25 cm langen und 6 bis 15 cm breiten, von 5 Hauptnerven durchzogenen Spreite. Diese ist unten und in der Mitte grob bis scharf gesägt und im Bereich der ausgezogenen Spitze fast ganzrandig. Die elliptisch-lanzettlichen, 7 bis 20 cm langen und 1,5 bis 8 cm breiten, meist 3nervigen Stengelblätter sind im unteren Teil des Sprosses kurz gestielt und nach oben hin zunehmend sitzend. Der Blattrand ist grob gesägt bis ganzrandig. Blattober- und Blattunterseite sind rauh, mit 3zelligen Haaren besetzt und durch das Vorhandensein von Spaltöffnungen gekennzeichnet.

Geruch und Geschmack: Geruch unspezifisch, Geschmack säuerlich und auf der Zunge betäubend (Wirkung der Alkylamide).

Synonyme Drogenbezeichnungen: Deutsch: Echinacea-purpurea-Kraut. Lateinisch: Herba Echinaceae purpureae.

Herkunft: Überwiegend aus dem Anbau in Europa. Dieser erfolgt in mehreren Ländern, darunter Deutschland, Italien, ehemaliges Jugoslawien, Niederlande, Schweiz, Ukraine.

Gewinnung der Droge: Die Ernte erfolgt zur Blütezeit in den Monaten Juli und August. Die oberirdischen Pflanzenteile werden abgeschnitten. Neben der im Arzneibuch monographierten getrockneten Droge auch Verwendung der ungetrockneten, frisch verarbeitet Droge. Häufig erfolgt in diesem Fall die Gewinnung des bevorzugt verwendeten Presssaftes bereits auf dem Feld.

Inhaltsstoffe: Alkylamide: Hauptkomponenten des getrockneten Krauts sind Undeca- 2E ,4Z- dien- 8,10- diinsäureisobutylamid und Dodeca-2E, 4E, 8Z, 10E/Z- tetraensäureisobutylamid (10E-Isomer, 10Z-Isomer). Das frische Kraut enthält die Isobutylamide der Trideca- 2E, 7Z- dien- 10, 12-diinsäure, der Trideca-2E, 6E, 8Z-trien-10, 12-diinsäure und der Pentadeca-2E, 9Z-dien-12, 14-diinsäure sowie das Trideca-2E, 7Z-dien-10, 12-diinsäure-2'- methylbutylamid und das Pentadeca-2E, 9Z-dien-12, 14-diinsäure-2'- hydroxyisobutylamid. Polyacetylene: Trideca-1,11-dien-3,5,7,9-tetrain, Trideca-1-en-3,5,7,9,11-pentain, Trideca-8,10,12-trien-2,4,6-triin und Ponticaepoxid  Kaffeesäurederivate: 1,2 bis 3,1% Cichoriensäure (2,3-O-Dicaffeoylweinsäure), in geringerer Menge Cichoriensäuremethylester, 2-O-Caffeoyl-3-O-feruloylweinsäure, 2,3-O-Diferuloylweinsäure, 2-O-Caffeoylweinsäure, 2-O-Feruloylweinsäure, 2-O-Caffeoyl- 3-O-cumaroylweinsäure und Monocaffeoylweinsäure- 4-methylester. Die höchste Konzentration an Cichoriensäure wird vor und zu Beginn der Blüteperiode erreicht. Ätherisches Öl: Gehalt 0,08 bis 0,32 %. Als Bestandteile wurden u. a. Borneol, Bornylacetat, Caryophyllen, Caryophyllenepoxid, Germacren D, Germacrenalkohol, Pentadeca-8-en-2-on und Palmitinsäure nachgewiesen. Polysaccharide: Charakterisiert wurden das 4-O-Methylglucuronoarabinoxylan PS I mit einem Molekulargewicht von 450.000 Dalton, das saure Rhamnoarabinogalactan PS II mit einem Molekulargewicht von 35.000 Dalton, ein Xyloglucan mit einem Molekulargewicht von 79.500 Dalton und ein pektinartiges Polysaccharid. Flavonoide: Rutin und andere Derivate des Kämpferols und Quercetins. Weitere Bestandteile: Glycin-Betain, Vitamin C.

Wirkungen: Immunstimulierende Wirkung: Nach parenteraler und/oder oraler Gabe bewirken Zubereitungen aus Purpursonnenhutkraut eine u. a. eine Steigerung der  Zahl der weißen Blutkörperchen und der Milzzellen sowie eine Aktivierung der Phagozytoseleistung menschlicher Granulozyten. Der Nachweis der immunstimulierenden Wirkung wurde an unterschiedlichen in vitro und in vivo Testsystemen von verschiedenen Extrakten, Fraktionen oder Inhaltsstoffen der Droge erbracht, darunter insbesondere der aus frischem Pflanzenmaterial gewonnene Presssaft. Nach Vorbehandlung mit Presssaftzubereitung entwickelten von Mäusen stammende L-929-Zellen oder HeLA-Zellen eine 50 - 80prozentige Resistenz gegen Influenza-, Herpes- und das Vesicular-Stomatitis-Viren. Direkte antivirale Effekte konnten demgegenüber nicht festgestellt werden. Vergleichbare Ergebnisse wurden auch in Infektionsbelastungstesten mit dem pathogenen Pilz Candida albicans sowie dem Bakterium Listeria monocytogenes erhalten. Die Untersuchungsergebnisse deuten darauf hin, dass Echinacea-Extrakte die Komponenten der unspezifischen Abwehr aktivieren. Den Wirkungsmechanismus nach peroraler Applikation beim Menschen stellt man sich derart vor, dass die Immunantwort durch Kontakt mit den immunkompetenten Zellen der Kontaktstellen im Rachenraum und Darm ausgelöst wird, der eine Stimulation des gesamten Systems der unspezifischen Abwehr der Schleimhaut folgt. Diese Theorie steht im Einklang mit der Ansicht, dass die Polysaccharide für die immunstimulierende Wirkung hauptverantwortlich sind. Bei äußerlicher Anwendung zeigen Zubereitungen antiphlogistische, granulationsfördernde und wundheilungsfördernde Effekte. Auch hier stellt man sich vor, dass die Wirkung auf einer Stimulierung der Aktivität des Immunsystems erfolgt. Vermutet wird eine lokale Anregung der in der Haut befindlichen Makrophagen und Granulozyten, so dass deren Phagozytoseleistung gesteigert wird und zusätzlich die Bildung von Wachstumsfaktoren und die Freisetzung von Zytokinen stimuliert wird. Weiterhin sollen durch die Kaffeesäurederivate Fibroblasten aktiviert und das Enzym Hyaluronidase gehemmt werden, wodurch eine Ausbreitung von entzündlichen Prozessen im Gewebe unterdrückt wird. Als Grundlage der antiphlogistischen Wirkung wird eine Hemmung des Enzyms Cyclooxygenase durch die Alkylamide diskutiert.

Anwendungsgebiete: Innerlich zur unterstützenden Behandlung rezidivierender Infekte im Bereich der Atemwege und der ableitenden Harnwege, äußerlich bei schlecht heilenden, oberflächlichen Wunden.

Gegenanzeigen: Bei äußerer Anwendung: Keine bekannt. Bei innerer Anwendung: Progrediente Systemerkrankungen wie Tuberkulose, Leukosen, Kollagenosen, multiple Sklerose. Bei Neigung zu Allergien, besonders gegen Korbblütler, sowie in der Schwangerschaft darf keine parenterale Applikation erfolgen.

Unerwünschte Wirkungen: Bei Einnahme und äußerer Anwendung: Keine bekannt. Bei parenteraler Anwendung: Dosisabhängig treten Schüttelfrost, kurzfristige Fieberreaktionen, Übelkeit und Erbrechen auf. In Einzelfällen sind allergische Reaktionen vom Soforttyp möglich. Bei Diabetern kann sich bei parenteraler Applikation die Stoffwechsellage verschlechtern.

Wechselwirkungen mit anderen Mitteln: Keine bekannt.

Dosierung und Art der Anwendung: Angewendet wird zum überwiegenden Teil der aus den Frischpflanzen gewonnene Presssaft sowie aus diesem hergestellte Zubereitungen. Soweit nicht anders verordnet beträgt die mittlere Tagesdosis bei Einnahme 6 bis 9 ml Presssaft. Zur äußeren Anwendung kommen halbfeste Zubereitungen, die mindestens 15 % Presssaft enthalten. Die parenterale Anwendung erfolgt individuell entsprechend Art und Schwere des Krankheitsbildes sowie der speziellen Eigenschaften der jeweiligen Zubereitung. Bei Verwendung als immunstimulierendes Mittel ist darauf zu achten, dass die Einnahme bereits bei bestehendem Ansteckungsrisiko oder bei ersten Anzeichen einer Infektion erfolgt. Die Anwendungsdauer sollte maximal 2 Wochen betragen und vor einer Weiterbehandlung ist eine mindestens 14tägige Karenzzeit einzulegen. Eine Teebereitung oder sonstige individuelle Herstellung von Zubereitungen ist weder gebräuchlich noch empfehlenswert. Stattdessen sollten unter standardisierten Bedingungen hergestellte Fertigarzneimittel gesicherter Qualität verwendet werden wie z. B. Echinacin® (verschiedene Darreichungsformen), Esberitox® mono (Tabletten oder Tropfen) oder Resistan® Tropfen. Bei äußerlicher Anwendung zur Wundbehandlung ist die Salbe mehrmals täglich auf die betroffenen Stellen aufzutragen.

Hinweis: Neben dem Kraut wird auch die Wurzel von Echinacea purpurea verwendet. Siehe hierzu Monographie Echinaceae purpureae radix.


Bilder:

Der Purpur-Sonnenhut ist im Durchschnitt 60 cm bis 1 m hoch. Typisch für die Art sind die breiten Blätter (s. Abbildung links). Die Grundblätter sind lang gestielt, die Stengelblätter zunehmend kürzer gestielt und oben sitzend. Die großen Blütenköpfe mit den purpurfarbenen Zungenblüten und den bräunlichen stehen einzeln auf einem kräftigen Stiel, dessen blattloser Teil wesentlich kürzer als bei anderen Echinacea-Arten ist (s. Abbildung rechts).


Literatur: Hager-ROM 2003, Springer-Verlag; Marzell H, Wörterbuch der Deutschen Pflanzennamen, Verlag S. Hirzel, Leipzig 1943; Monografie der Kommission E, Bundes-Anzeiger Nr. 43 vom 02.03.1989; Pellati F, Benvenuti S, Magro L, Melegari M, Soragini F, Analysis of phenolic compounds and radical scavenging activity of Echinacea spp., J. Pharmaceutical and Biomedical Analysis 35 (2004): 289-301; Schilcher H, Kammerer S, Leitfaden Phytotherapie, Urban & Fischer, München Jena 2003; USDA, ARS, National Genetic Resources Program. Germplasm Resources Information Network - (GRIN) [Online Database]; van Wyk BE, Wink C, Wink M, Handbuch der Arzneipflanzen, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart 2004.


© Thomas Schöpke